Eines schönen Tages steht der immer brave und fröhliche Junghund im Wald und guckt, als hätte er einen Anflug von Demenz.
“Wer bist du Mensch und was willst du von mir? Ich darf nicht raufen, Leute anspringen und Sch… fressen? Seit wann denn das?”
Der bisher tadellos ausgeführte Rückruf wird komplett ignoriert und seinen Namen hat der kleine Wicht auch noch nie gehört. Statt dessen hält er sich für King Louie.
Die schlechte Nachricht ist, dass die Pubertät eingesetzt hat. Davon bekommt ein Whippet im Alter von 6 Monaten bis zu 3 Jahren gern mehrere Schübe.
Die gute Nachricht ist, dass nach Abschluss aller Umbaumaßnahmen das neu strukturierte Gehirn wieder in der Lage sein wird, auf seinen Speicher zuzugreifen, und der Kleine sich wieder an all die schönen Dinge erinnern wird, die er einmal gelernt hat.
Bis dahin kann der Weg jedoch lang und steinig werden. Stündliche Wechsel zwischen Musterschüler und Anarchist sind keine Seltenheit.
“Ich würde ja gern alles richtig machen, aber wie geht das?”
Jeder Ablenkung wird nachgegangen. Regeln werden in Frage gestellt. Und Konzentration ist ein Fremdwort. Dazu kommen manchmal plötzliche Angstphasen.
Dabei kann der arme Hund gar nichts dafür, dass seine Synapsen ihn ständig in die Irre führen. In der Pubertät verändert sich nicht nur der Körperbau. Das Gehirn wird komplett neu verdrahtet. Und bei so einer Grundüberholung im laufenden Betrieb ist die Steuerzentrale nun mal nicht konstant betriebsbereit.
Die Auswirkungen dieses Baubetriebs sind individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt. Der Eine packt die Rasierklingen aus, am Anderen geht es fast unbemerkt vorbei. Der Eine fragt nur öfter nach, der Andere versucht gleich die Hausordnung umzudefinieren.
Wie verhalte ich mich sinnvoll gegenüber einem Junghund in der Pubertät?
Am wichtigsten ist das Verständnis, dass der Hund mit seinem Verhalten nicht etwa seinen Menschen ärgern möchte. Strafen sind hier völlig unangebracht und verwirren nur noch mehr. Im schlimmsten Fall können sie das Vertrauensverhältnis nachhaltig stören. In der Pubertät sind Hunde – und auch Menschen – besonders sensibel. Hier werden die Weichen für das weitere Zusammenleben gestellt. Denn auch nach weiteren Umbaumaßnahmen bleiben schlechte Erfahrungen dauerhaft im Gedächtnis.
Der erste Schritt ist hier ein Schritt zurück. Die Frage ist nicht, was der Hund nicht mehr kann, sondern was er noch beherrscht. Einfache Übungen, mit Erfolg ausgeführt, sind gut für das Selbstvertrauen vom Mensch und Hund. Druck und zu hohe Erwartungen sorgen dagegen für Frustration.
Gibt es eine Lieblingsübung, die der Hund besonders gern ausführt?
Bei Candy war das “Sitz”. Egal was sonst passierte, “Sitz” ging immer.
Timo konnte ich ganz einfach “in den Strebermodus schalten”, indem ich ihn auf den Hinterbeinen stehend mit Leckerchen fütterte. Das fand er nicht nur lustig, es gab auch noch Leckereien. Sofort war er bereit zu probieren, wie er mir mehr Leckerchen entlocken konnte.
Wenn es keine Lieblingsübung gibt, kann man auch zu Lieblingsreizen greifen. Da die meisten Whippets jagdlich orientiert sind, bieten sich hier Jagdspiele an. Wegrennen, gern mit Indianergeheul, kann sehr hilfreich sein, wenn an einen Rückruf nicht zu denken ist. Ohne Vorwarnung auf einem Spaziergang durchgeführt ist das ein tolles Spiel, was die Bindung stärkt und dem Pubertier zeigt, dass man auch mit seinem Menschen viel Spaß haben kann.
Natürlich darf auch das gemeinsame Kuscheln nicht zu kurz kommen. In der Pubertät brauchen Whippets besonders viel Liebe und Körperkontakt.